Pastorat - Ausgabe Nr.18
18 Pastorat 11.2019 GESCHICHTE UND GESCHICHTEN ablesbare soziale Unterschiede gab. Neid und Abschottung ließ diese Bauweise nicht zu. Einzige Vorgabe war die Grundstücks- kante zur Straße, von der so gut wie kein Haus zurückwich, so, als seien alle Häuser zur Parade angetreten, und gerade die Individu- alität der unterschiedlich großen Häuser entfaltete eine bestechen- de Harmonie des Ganzen. Trotz aller Brände und Kriegsverwüs- tungen, die es auch in Wevelinghoven immer wieder gab, behielt man diese Bauweise mehr als eineinviertel Jahrtausend bei. Hier ist etwas organisch gewachsen, das von menschlichem Maß, stimmigen Proportionen selbst beim kleinsten Haus bis in die Anordnung der Fenster und einer Freude am architektonischen Austausch mit dem Nachbarn zeugt. Leider konnten die vergangenen Jahrzehnte diesem gewachse- nen Gefüge nur noch bedingt etwas Gleichwertiges hinzufügen. Es gibt Beispiele für Neubauten, die die hiesigen Dachneigungen und Hausproportionen bewusst aufgreifen und modern weiter- entwickelt haben. Da gerät alt und neu in einen spannenden Dialog, aber allzu oft wurden Neubauten zugunsten von Stell- plätzen von der alten Straßenflucht zurückgenommen, Maßstäbe und Proportionen gesprengt; Häuser, die wenig Gesicht nach außen und Rücksicht auf die Nachbarbebauung zeigen, bis hin zu Flachdächern und Garagen am Straßenrand. Mit jedem alten Haus, das aus diesem Ensemble abgebrochen wird, verliert Wevelinghoven etwas von seinem Gesicht, seinem Charme und seiner Einmaligkeit. Noch steht sehr viel, aber jeder weiß, dass neue Abbrüche bevorstehen. Dabei gab es 1990 einen richtungweisenden „Rahmenplan Wevelinghoven“, wo schon formuliert wurde: „Wesentliche Aufgabe…wird es sein, die typischen Bauformen herauszustellen, beispielhaft aufzuzeigen, wie diese zu erhalten sind und wie sich moderne neue Bebauung sinnvoll ein- fügt.“ Leider wurde die Umsetzung durch die Stadt nie beschlossen. Der Seniorenwohnstift „Haus St. Martinus“ hat sich unter Berücksichtigung des Denk- malschutzes gut in das Straßenbild ein- gebunden (oben). Auf dem Weg von der Unterstraße zur Burgstraße finden wir Häuser deren Fach- werk saniert oder leider oft überdeckt ist (oben und rechts). Vorbildlich ist die Sanierung der beiden Wohnhäuser auf der Burgstraße (rechts). Rahmenplan für Wevelinghoven von 1990
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