Pastorat - Ausgabe Nr.11

14 Pastorat 08.2017 GESCHICHTE UND GESCHICHTEN gangene Zeiten. Denn die „Gewerbebetriebe für die Zubereitung und den Verkauf von Arznei- waren nach ärztlicher Vorschrift“ wurden schon zu Zeiten von Kaiser Friedrich II. zur medizini- schen Institution. Das Apothekenwesen mit seinen Rezepten und Heilmitteln ist damals wie heute Anlauf- stelle für jegliche menschliche Bedürfnisse. Dies machte sich auch, so die Legende, Kaiserin Augusta 1884 zu Nutzen. Die damals 72 Jahre alte, von Rheuma und schweren Verletzungen nach einem Sturz gequälte Monarchin beglei- tete ihren ebenfalls bereits betagten Ehemann, Kaiser Wilhelm I., am 21. September zum Kai- sermanöver, das – verbunden mit einer großen Parade – in Wevelinghoven stattfand. Bereits zu Beginn des Monats hatte der Aufbau der Tribü- nen begonnen. Die Bauern ernteten das Para- defeld ab: Zwischen Haus Busch und Gut Hey- derhof herrschte lebhaftes Treiben. Am Tag des Militärmanövers prangten Triumphbögen an der Drees-Brücke, Menschenmengen säumten die Straßen. Aus Richtung Düsseldorf wurde das kaiserliche Gefährt erwartet. Nach einer höchst feierlichen Begrüßung an der Erftbrücke setzte sich der Tross aus Manövergästen und Monar- chen durch die Gartenstadt Richtung Paradefeld fort. Just auf Höhe der „Adler Apotheke“ an der Oberstraße verspürte Kaiserin Augusta dann ein allzu menschliches Bedürfnis: Sie musste drin- gend zur Toilette. Kurzum wurde ihr geholfen, sie benutzte das stille Örtchen in der Alten Apo- theke. Als Dank bot die Kaiserin an, sich bei Be- drängnissen anderer Art erkenntlich zu zeigen. Ob die Monarchin ihr Versprechen erfüllte, ist nicht überliefert. Anfang 1890 verstarb Augusta – fünf Jahre später wurde die Wevelinghovener Apotheke an Georg Cosack verkauft. „Hut ab, rauche nicht und lass´ das laute Schwatzen“ Der Westfale Cosack war ein korrekter Apo- theker. In seinem handschriftlich verfassten „Manual“ ist unter anderem zu lesen, was ein Kopfwaschwasser kostete. Der Arznei-Spezialist konnte es zudem nicht leiden, wenn im Ver- kaufsraum gesprochen wurde, während man auf die Fertigstellung der Rezepturen wartete. Co- sack wusste sich zu helfen und brachte eine Tafel mit der Inschrift an: „In diesem Raume, merke dir, drei Dinge hier: Hut ab, rauche nicht und lass’ das laute Schwatzen.“ Das alte Schild wurde von der Apotheker-Familie Walraf im Nachlass gefunden. Sie prägt ab Mitte der 1920er-Jahre Die Apotheke an der Oberstraße um 1900.

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