Pastorat - Ausgabe Nr.09
23 Pastorat 09.2016 Oft kam er nachts; dann stellten die Kinder ihre Schuhe oder selbst gebastelte Schiffchen auf, die sie am Morgen mit Äpfeln, Nüssen und Süßigkeiten gefüllt vorzufinden hofften. Neben dieser anonymen Geschenke-Verteilung gab es auch Einkehrbräuche: Der Nikolaus kam ins Haus, begleitet von seinem Knecht Ruprecht (in Österreich dem „Krampus“), um festzustellen, ob die Kinder brav gewesen waren und gut gelernt hatten. Historisches Vorbild des Weihnachts-Nikolaus ist der Heilige Nikolaus, im 4. Jahrhundert Bischof von Myra, der als Patron der Schüler gilt. Im Weihnachtsbrauch wurde die Nikolausfigur dem entsprechend in Bischofskleidung mit weitem Mantel und Mitra dargestellt. Der Reformator Martin Luther wetterte heftig gegen solche „Fastnachts-Narrhei- ten“ und propagierte statt des katholischen Heiligen einen neuen, protestantischen Gabenbringer: das Christkind. In der Folge löste das Christkind den Nikolaus ab, Ge- schenke gab es jetzt am 24. oder 25. Dezember. Dessen ungeachtet bestand der Nikolausbrauch weiter und wurde im 19. Jahrhundert zu einer neuen Konkurrenz für das Christ- kind: Auf den alten Nikolausbildern basierend, entstand die Vorstellung vom Weihnachtsmann. Zum ersten Mal erwähnt wird er in dem Lied „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ von Hoffmann von Fallersleben (1835); Moritz von Schwind zeichnete ihn 1847 als bärtigen Alten. Diese Bilder hatte der deutsche Auswanderer Thomas Nast imKopf, als er 1863 in denUSAden „SantaClaus“ kreierte - eine Mischung aus deutschem Nikolaus, holländischem Sin- terklaas und englischem Father Christmas, mit dickem Bauch und Pelzhaube. Diese Vorstellung hatte sich bis 1930 auch in Deutschland so weit durchgesetzt, dass etwa die Hälfte der Kinder an denWeihnachtsmann glaubten. Interessanterweise sind es heute vor allem die katholischen Familien, die die (ur- sprünglich protestantische) Christkind-Traditionweiter pflegen. Seit den 1920er Jahren ist der Weihnachtsmann rot- weiß gekleidet. Dies machte ihn zum idealen Maskottchen für Coca-Cola: Ab 1931 gestaltete der Grafiker Haddon Sund- blom jährliche Werbekampagnen für die Getränkefirma, die die neue - alte - Weihnachtsfigur weltweit verbreiteten. Der Nikolaus ist übrigens auch unter anderen Namen be- kannt. In der Niederlande heißt er Sinterklaas, Samichlaus wird er in der Schweiz und Kleeschen in Luxemburg genannt. Father Christmas nennen ihn die Engländer und Père Noël besucht in Frankreich die Kinder. TRADITION UND BRAUCHTUM Bildpostkarte mit dem Weihnachtsmann, aus dem Jahr 1907.
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