Pastorat - Ausgabe Nr.06

18 Pastorat 06.2015 lle Jahre wieder fällt mir die Geschichte aus meiner Kindheit ein. Ich habe sie in Böhmen erlebt, in einem großen Haus, in dem das so- genannte Herrenzimmer – hier stand später der Weihnachtsbaum - lange vor dem Fest ver- schlossen blieb und das Küchenpersonal ge- heimnisvoll herum wuselte. Ich lauerte oft vor der verschlossenen Küchentür, wartete sehn- süchtig auf den Augenblick, in dem es hieß: „Kekse backen – Vanillekipferl sind dran.“ Das war für meine kleine Schwester und mich der Startschuss – wir durften den weißgekachelten Raum betreten und mithelfen, aus gestaltlosen Teigbatzen Kipferl zu formen. Ich erinnere mich, dass die Köchin uns beneidete, weil wir mit unseren kleinen Fingern viel geschickter ans Werk gehen konnten. Wir hatten sehr viel Spaß und wenn niemand hinsah, steckten wir schon mal ein Stück rohen Teig in den Mund. Waren die Kipferl dann im Ofen, machte sich ein un- widerstehlicher Duft breit. Meine Schwester FREUDE UND UNTERHALTUNG Süße Verführung – aus Tradition Überlieferung – so wird der aus dem Lateinischen abgeleitete Begriff Tradition gedeutet. Es liegt also an uns, Gepflogenheiten oder Bräuche weiterzugeben. In meiner Familie gibt es ein „süßes“ Beispiel dafür, wie das funktioniert. A Von Monika Götz

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