Pastorat - Ausgabe Nr.06

16 Pastorat 06.2015 graf und stand in Kontakt zu Kaiser Wilhelm II. - und der 1855 geborene Otto schließlich trat am deutlichsten in Vaters Fußspuren, galt doch der Fotokunst sein Hauptaugenmerk. Einflussreiche und vermögende Auftragge- ber bestellten Otto in alle Welt, unter anderem nach Moskau, wo er eines von zahlreichen Ate- GESCHICHTE UND GESCHICHTEN Die Brüder Renard von links: Waldemar, Arthur und Otto Renard im Atelier für Photografie in Kiel. liers eröffnete, sich „Hof-Fotograf“ nennen und von Zar Nicolai II eine goldene Medaille für Fleiß und künstlerische Gestaltung in Empfang nehmen durfte. Viele weitere Ehrungen, Urkun- den und Auszeichnungen sollten folgen. Otto war umtriebig und künstlerisch erfolgreich, den wirtschaftlichen Erfolg hatte er weniger im Blick, aber da half seine Familie. Er lebte und arbeite- te an aufregenden Orten dieser Welt, als das Reisen noch wesentlich beschwerlicher war als heute. Beispielsweise führte ihn sein Weg nicht nur nach Russland, sondern auch nach Italien, Serbien, Deutschland (hauptsächlich Berlin und Düsseldorf), sowie in späteren Jahren nach Bra- silien. Doch was machte Otto anders als seine Kol- legen? Er lieferte zunächst beste handwerkliche Qualität, setzte gekonnt Lichtakzente, arbeitete mit Verläufen, experimentierte erfolgreich mit neuen Papierqualitäten. Vor allem aber waren seine Inszenierungen bahnbrechend. Eigentlich hatte man seinerzeit förmlich gekleidet zum Fo- totermin zu erscheinen und staatstragend in die Kamera zu schauen, doch Otto Renard löste in vielen seiner Arbeiten diese Strenge auf, er setzte die Personen in Beziehung zueinander. Sie durf- ten einander anschauen, ihrer Körperhaltung und Blickrichtung Ausdruck verleihen und auf diese Weise eine Art Geschichte erzählen, ein Statement abgeben, als Persönlichkeit besser er- kennbar werden. Seine Natur- und Stadtansichten wirken wie Gemälde auf den Betrachter. Die Fotos aus Wevelinghoven und Grevenbroich sind außer-

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