Pastorat - Ausgabe Nr.06
15 Pastorat 06.2015 otokünstler Otto Renard packte 1903 in seinem Düsseldorfer Atelier eine umfangreiche Ausrüs- tung zusammen. Kameras, Stative, Licht. Nach Wevelinghoven sollte seine Reise gehen. Von der heutigen Handy-Selfie-Kultur gefühlte Lichtjahre entfernt, war die Fotografie damals ein höchst aufwändiger Akt! Und nur wer es sich leisten konnte und ein wichtiges Ereignis beging, gönnte sich den Luxus und ließ sich mitsamt seinemUm- feld für die Ewigkeit ablichten. Dieser würdige Anlass war durchaus gege- ben: Die evangelische Gemeinde in Wevelingho- ven – damals auch für Grevenbroich zuständig, das noch keine eigene Gemeinde hatte – gab ein Fotoalbum in Auftrag zu Ehren von Karl Everts- busch. Dieser war als Pastor und Lehrer tätig und konnte sein 30jähriges Priesterjubiläum feiern. Seine Lebens- und Schaffenswelt sollte in Bildern dokumentiert werden. Das so entstandene Fotoal- bum ist für uns heute ein kostbarer Schatz. Es F Von Birgit Wilms GESCHICHTE UND GESCHICHTEN liegt wohlbehalten als aufschlussreiches Zeitdo- kument im Archiv der Gemeinde und lädt zum Betrachten und Staunen ein. Nähern wir uns jedoch zunächst dem Künst- ler hinter der Kamera. Schon als kleiner Junge hatte Otto Renard seinem Papa Gregorius über die Schulter schauen können. Dieser hatte Mit- te des 19. Jahrhunderts eine Photographenfirma gegründet, die noch weitere sechs Generationen insgesamt 165 Jahre in Familienbesitz bleiben und damit als älteste ihrer Art in die Geschichts- bücher eingehen sollte. Lichtbilder auf Papier statt auf Platte waren damals das bahnbrechen- de Thema gewesen. Gregorius hatte bereits mit Zubehör, Kameras und Chemikalien gehandelt und sich dafür eingesetzt, dass „Photograf“ ein anerkannter Ausbildungsberuf werden sollte. Seine Begeisterung hatte er an seine drei Söhne weitergegeben: Waldemar baute ein großes Foto- geschäft in Kiel auf, Arthur wurde Pressefoto- Erinnerung an einen Starfotografen
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