Pastorat - Ausgabe Nr.05
23 Pastorat 05.2015 So wird es der Geschichte um den letzten Besuch von Dr. Max Tauch im Alten Pastorat ergehen. Der mit dem Rheinlandtaler, dem Hermann-von-Hessen-Preis und dem „Ritter des Ordens vom Heiligen Papst Silvester“ ausge- zeichnete Kunsthistoriker und Historiker kam auf Bitten von Helmut Coenen nach Wevelinghoven. Der Anlass be- zog sich nicht auf das Alte Pastorat. Aber den ehemaligen Leiter des Clemens-Sels-Museums Neuss interessierten die Sanierungsarbeiten und er wollte sich unbedingt die Fortschritte ansehen. Helmut Coenen erinnert sich daran, dass Dr. Tauch so- fort beim Betreten des Gebäudes hocherfreut die Kölner Decken, den Kamin und andere Details wahrnahm: „Er war begeistert.“ Während er die Treppe hinaufstieg, um den Dachstuhl anzusehen, rief er: „Die Tapete, die müsst ihr unbedingt ablösen.“ Mit geschultem Auge hatte Dr. Tauch inmitten der Umbauarbeiten einen Schatz entdeckt, der ei- nem namhaften Zeitalter gerecht wird. Denn jene Tapete in der ersten Etage des Alten Pastorats war in Handarbeit im Biedermeier-Stil angefertigt worden. Dieser zu den klassischen Wandverkleidungen zählende Stil wird noch heute angeboten. Stilecht sind diese Tapeten nur selten, aber sie werden mit stilgerechten Mustern ver- sehen – mit Ornamenten wie Kränzen, Schleifen oder Streu- blümchen. Diese Tapeten und auch geblümt oder gestreift gehaltene Bezugsstoffe gaben in der zugehörigen Stilepoche (zirka 1816 bis 1848) den sparsam verzierten hölzernen Möbeln eine auflockernde Umrahmung. Immerhin hat diese Zeit, die nach der fiktiven Figur des spießbürgerlichen Gott- lieb Biedermaier benannt wurde, namhafte Künstler hervor- gebracht – zum Beispiel Maler wie Josef Danhauser, Eduard Gaertner, Ludwig Richter und Carl Spitzweg sowie den Kunst- tischler Michael Thonet. ERHALTEN UND GESTALTEN Dass nun durch einen Zufall oder unberechenbares Ge- schehen im Alten Pastorat jene Relikte aus einer längst ver- gangenen Epoche entdeckt wurden, bezeichnet Helmut Coe- nen als „reinen Glücksfall“. Deshalb ist er Dr. Max Tauch, der nur wenige Monate nach dieser Begegnung verstarb, sehr dankbar. Er setzte die Empfehlung des Historikers um, ließ gut erhaltene Stücke der Tapete vorsichtig von der Wand lö- sen und verpackte sie künstlerisch in kleine Rahmen, die jetzt zum Kauf angeboten werden. Wer ein solches Unikat erwirbt, unterstützt die Sanierungsarbeiten und holt sich gleichzeitig ein Stück Geschichte in sein Zuhause. Der Kunsthistoriker und langjährige Leiter des Clemens-Sels-Museums in Neuss Dr. Max Tauch verstarb am 17. Januar 2015 in Neuss.
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